Bis zur Eröffnung der Grünwalder Brücke am 19.11.1904 gab es zwischen  München und Schäftlarn nur die Großhesseloher Eisenbahnbrücke mit beidseitigen Fußwegen, um die Isar zu überqueren. Die Thalkirchner Brücke wurde am 18.9.1904 – also kurz vor der Grünwalder Brücke – eröffnet.

Die private Isarwerke GmbH errichtete 1894 an der Isar das Wasserkraftwerk Höllriegelskreuth. Zum Betreiben des Kraftwerks wurde bei Buchenhain ein Teil des Wassers der Isar in einen Werkkanal ausgeleitet. Im Januar 1901 bekamen die Isarwerke die Genehmigung zur Verlängerung dieses Werkskanals bis in die Nähe von Großhesselohe (fertiggestellt 1902) und eröffneten 1904 ihr zweites Kraftwerk bei Pullach (Ortsgeschichte Pullach, Teil II, S. 50 ff). Parallel zu dem Bau des Werkkanals erfolgte eine Regulierung der Isar in diesem Streckenabschnitt. D.h. bis 1902 gab es bei Grünwald noch keinen Werkkanal.

Als „Verkehrsmittel“ über die Isar standen bis zur Eröffnung der Grünwalder Brücke zunächst Kahnfähren, später Drahtseilfähren zur Verfügung.

Am 22.6.1883 beantragte der Gutsbesitzer Jakob Schillinger aus Höllriegelskreuth, gleichzeitig Besitzer des Grünwalder Brückenwirts, bei der Gemeinde Grünwald die Genehmigung einer Kahnüberfahrt nach Grünwald. Die Gemeinde wollte aber keine Konkurrenz für ihren eigenen Fährmann Michael Humpl („Doppelüberfuhr würde sich nicht rentieren“). Nun entwickelte sich ein lebhafter Schriftwechsel mit dem Bezirksamt München I (entspricht in etwa dem Landratsamt), da die Gemeinde mehrmals versuchte, die unangenehme Entscheidung dem Bezirksamt zu überlassen. Dieses machte jedoch unmissverständlich klar, dass die Zuständigkeit bei der Gemeinde liege, die zum Antrag Beschluss zu fassen und dem Schillinger diesen zuzustellen habe. Schillinger könne dagegen Beschwerde einlegen.

Am 17.7.1883 lehnte der Gemeinderat das Gesuch ab. Wesentliche Gründe waren der Schutz des Betriebes des Grünwalder Fährmanns und Zweifel an der Seriosität des Antragstellers. Im Zuleitungsschreiben vom 18.7. an  das Bezirksamt mit der erneuten „ehrfurchtsvollen Bitte, das Gesuch abzuweisen“, wird dann noch folgender interessanter Grund angeführt:

Daß sich ferner der Überführer M. Humpl den Zorn des Besitzers von Höllriegels-kreuth und der dortselbst verkehrenden Gästen dadurch zuzog, daß er pflichtgemäß zu den dortselbst häufig stattfindenden Studentenpaukereien einen Gendarmen überführte, was ihm von beteiligter Seite sehr übel genommen wurde u. weshalb nun Herr Schillinger trachtet, die Überfahrt selbst in die Hand zu bekommen, um dergleichen unangenehme Besuche hintanhalten zu können“.

 Es half alles nichts, das Bezirksamt belehrte am 11. 9.1883 die Gemeinde nochmals:

„.., mit dem Auftrag, umgehend vorschriftsmäßigen Beschluß in rubr. Angelegenheit zu fassen, da nicht das K. Bezirksamt, sondern  die Gemeindeverwaltung dazu kompetent ist. Letztere hat direkt den Beschluß zu fassen und dem Interessenten denselben zuzustellen, wogegen derselbe das Recht der Beschwerde hat. Ich bemerke Ihnen noch, daß die Begründung des Beschlusses auf Grund der ortspolizeilichen Vorschriften erfolgen muß und solche allgemeine teils nichtssagende, teils aus persönlichen Motiven hervorgehende Gründe vollkommen nichtig sind.“

Schillinger hatte offenbar inzwischen gegenüber dem Bezirksamt erklärt, dass er sich allen ortspolizeilichen Vorschriften unterwerfe, und legte gegen den ablehnenden Beschluss der Gemeinde Beschwerde beim Bezirksamt ein. Während Schillinger bis September 1883 nach Aktenlage nur eine Kahnüberfuhr wollte, geht es in einem Schreiben des Bezirksamtes vom 26.4.1884 um eine „erst zu genehmigende Drahtseilfähre des Schillinger“.

Fast gleichzeitig hatte der Fischer und Fährmann Michael Humpl lt. Schreiben des Bezirksamtes vom 30.4.1884 ein Gesuch um Errichtung einer Drahtseilfähre zwischen Grünwald und Pullach eingereicht. Das Bezirksamt forderte dazu Pläne und weitere Unterlagen an. Offenbar war die Kahnfähre eine gewerberechtliche Angelegenheit der Gemeinde, während für eine Drahtseilfähre die die Regierung von Oberbayern zuständig war.

Diese erteilte am 11.5.1884 dem Gutsbesitzer Jakob Schillinger die Bewilligung zur Errichtung einer Drahtseilfähre zwischen Höllriegelskreuth und Grünwald.

Aus dem dreiseitigen Schreiben können hier nur die wichtigsten Bestimmungen aufgeführt werden:

  • Beschränkung aus Personen und kleinere Frachtstücke
  • Drahtseil mit 2 cm Stärke 4 Meter über Mittelwasserhöhe
  • Schiff mit 11 Meter Länge und 2,10 Meter Breite
  • Fahrzeug muss abgenommen und jährlich überprüft werden
  • Zum Betrieb können nur solche Personen zugelassen werden, welche die erforderliche Körperkraft und Kenntnis im Fahren besitzen, über 18 Jahre alt und insbesondere dem Trunke nicht ergeben sind
  • Als Taxe für die Überfahrt wurden 10 Pfg. für die Hinfahrt, 15 Pfg. für Hin- und Rückfahrt, 5 Pfg. für Kinder bis 1 Meter Größe und 10 Pfg. für jeden Zentner der mitgeführten Fracht festgesetzt. Kinder bis 1 Meter waren frei, staatliches Personal im Dienst ebenso. 

Am 3.3.1887 genehmigte die Regierung dem Schillinger die Verlegung der Fähre weiter flussabwärts und stimmte der Erweiterung auf „leichteres Fuhrwerk mit nicht mehr als 1500 Klgr. Fracht“  zu. Länge und Breite des Schiffes wurden auf 17 bzw. 5  Meter bei 70 cm Höhe festgelegt, die Stärke des Drahtseils auf 2,8 bis 3 cm. Die Taxen für ein Stück Vieh wurde auf 50 Pfg, für Einspänner auf 1 Mark und für Zweispänner auf 1,50 Mark festgesetzt. Die Aufnahmen auf den Seiten 645 -647 in Teil I der Grünwalder Chronik zeigen wohl dieses größere Schiff.

Am 30. November 1889 genehmigte die Regierung von Oberbayern dem Ingenieur Jakob Heilmann die Verlegung der Fähre wieder weiter isaraufwärts, bei gleichzeitiger Änderung der Genehmigung „auf Personen und kleinere Frachtstücke“. Heilmann war 1894 Mitbegründer der Isarwerke GmbH und kaufte dafür und für seine Immobiliengesellschaft Grundstücke im Isartal und auf den Hochufern auf.

Am 19.8.1891 erhielt der Fischer Michael Humpl in Grünwald die Genehmigung für eine Drahtseilfähre über die Isar zwischen Pullach und Grünwald für Personen und kleinere Frachtstücke zu ähnlichen Konditionen wie Schillinger 1884. Ausschlaggebend für die Genehmigung war die Eröffnung der Isartalbahn Thalkirchen – Wolfratshausen  am  27.7.1891, „wodurch die Personenfrequenz in der Nähe der Ortschaften Grünwald u. Pullach ganz erheblich gesteigert u. sogar die Errichtung einer Straßenbrücke deshalb in Aussicht gebracht worden ist“.

Im November 1895 ergaben sich erste Schwierigkeiten für Humpl mit den Isarwerken wegen der Situierung des linksseitigen Ständers der Fähre.

 

Von Januar bis Dezember 1900 gab es Verhandlungen wegen einer Ermäßigung der Fahrpreise für die Fähre. Humpl war dazu freiwillig nicht bereit, schließlich setzte die Regierung von Oberbayern am 6.12.1900 eine neue, reduzierte Gebührenordnung fest. Erwachsene zahlten danach 5 und Kinder 3 Pfg. Die Entscheidung ist auf S. 468 der Grünwalder Chronik, Band I, abgedruckt.

Im gedruckten Beschluss vom 12.1.1901 über die Genehmigung der Verlängerung des Triebwerkskanals der Isarwerke sind die Fähren nicht erwähnt, obwohl ähnlich wie bei einem heutigen Planfeststellungsverfahren die Interessen von Privatpersonen (z.B. des Besitzers von Bad Pullach oder des Gutsbesitzers von Großhesselohe) gewürdigt wurden. Auch der Bürgermeister von Grünwald war als Vertreter von 12 Grünwalder Pferdebesitzern beteiligt und setzte durch, dass diesen das Recht und der Zugang über eine Einreit-Rampe erhalten blieb, Pferde In der Isar zu tränken und zu schwemmen (einzureiten). Bereits im Mai 1902 wurde zur Schlussbesichtigung des Kanals geladen.

Da die Brücke erst in Planung war, ist davon auszugehen, dass beide Fähren weiterhin über die „Rest-Isar“ betrieben wurden, wobei kurz unterhalb der späteren Brücke ein Steg der Isarwerke aus der Bauzeit über den Kanal erhalten blieb. Ebenso gab es einen solchen Steg bei Bad Pullach, der dann zu Streitigkeiten führte. Alte Ansichtskarten zeigen diese Stege.

Die „Rest-Isar“ muss damals deutlich mehr Wasser geführt haben als heute, da auch die Flößerei primär auf der Isar erfolgte. Nur „wenn bei niederem Wasserstande  die Floßfahrt in der corrigierten Isar erschwert ist“, waren die Isarwerke verpflichtet, die Durchfahrt durch den Kanal zu gestatten. Hierfür wurden sie zum Einbau der heute noch benützten Floßgassen verpflichtet.

Die beiden Fähren waren bis zur Eröffnung der Brücke am 19. November 1904 weiterhin ein unverzichtbares Verkehrsmittel. Ob aber ihre Inanspruchnahme so hoch war, wie in der Ortsgeschichte von Pullach (Seite 120) dargestellt, muss bezweifelt werden. Dort steht: „Die Zählung an einem Sonntag im Jahre 1902, die eine Frequenz der beiden Fähren von nahezu 60 000 Personen und 2150 Radfahrern ergeben hat, dürfte mit zur Genehmigung des Baus (der Isarbrücke) vom 10 Oktober 1903 beigetragen haben“. In einem Bescheid des Bezirksamtes München I vom 5.12.1910 war die Pullacher Fähre für höchstens 30 Personen zugelassen. Zur Beförderung von 30 000 Personen mit einer Fähre wären also 1000 Fahrten erforderlich gewesen. Bei einer angenommenen täglichen Betriebszeit von 15 Stunden oder 900 Minuten, z.B. von 7 Uhr früh bis 10 Uhr abends, hätte für eine Überfahrt mit Ein- und Aussteigen der Passagiere weniger als eine Minute zur Verfügung gestanden. 

Am 19.11.1904 wurde die Grünwalder Isarbrücke dem Verkehr übergeben.