Im Sommer 1945 wurde die Firma Held & Francke mit der Räumung der Trümmer im Isarbett beauftragt. Die schnelle Räumung war wichtig, um Hochwasserschäden am Mittelpfeiler und am Damm zwischen Isar und Kanal zu vermeiden. Damals waren die Hochwasser weit gefährlicher als heute, weil es den Sylvenstein-Speicher noch nicht gab. Laut einem Schreiben vom 1. September 1945 an die Gemeinde klagte Held & Francke über die zu geringe Anzahl an Arbeitskräften und forderte die Gemeinde auf, für den Einsatz von Kriegsgefangenen zu sorgen (deutsche Kriegsgefangene in amerikanischem Gewahrsam).

Bis etwa Mitte 1946 konnte die Bevölkerung den Bausteg der Firma mitbenutzten. Um auf den westlichen Brückenbogen zu kommen, musste eine ungesicherte eiserne Leiter erklommen werden. Die Klettertouren über 14 Meter, oft mit Rucksack, manchmal sogar mit Fahrrad, blieben den Grünwaldern noch lange in abenteuerlicher Erinnerung (siehe z.B. die Schilderung in Band I der Grünwalder Chronik, Seite 66).

Auf dem nebenstehenden Bild ist die Leiter an der rechten Seite des Pfeilers gerade noch zu erkennen.

 

 

Bis Mai 1946 erarbeitete Held & Francke etliche Vorschläge, vom einfachen Fußgängersteg für 33.500.- RM bis zu einer befahrbaren Brücke mit 6 t Tragfähigkeit über Isar und Kanal mit zweiseitigem Gehweg für 63.000.- RM. Im gleichen Zeitraum entwickelte der Grünwalder Ingenieur Gustav Sauerteig den Vorschlag, die Lücke mit einer Holzkonstruktion zu schließen. Diese sollte den Druck des westlichen Bogens abfangen, der den Mittelpfeiler schon aus seiner stabilen Lage gedrückt hatte, und sollte sowohl als Unterbau für eine mit Kies beschüttete Fahrbahn als auch als Lehrgerüst für den Wiederaufbau dienen. Die staatlichen Stellen lehnten alle Vorschläge ab, da es völlig unklar war, wie das Bauerndorf Grünwald den Bau hätte finanzieren wollen.

Am 14. Mai 1946 teilte der Staat der Gemeinde mit, dass auf Staatskosten ein Steg mit 3 m Breite über Isar und Kanal gebaut werden solle. Bis zu dessen Fertigstellung konnten die Gemeinden Grünwald und Pullach vom Straßen- und Flussbauamt einen eisernen Pionier-Ponton zum Betrieb einer Drahtseilfähre für eine monatliche Gebühr in Höhe von 12.- RM leihen. Für die 19 Monate vom Juli 1946 bis Februar 1948 wurden 228 RM berechnet und je zur Hälfte von Grünwald und Pullach bezahlt.

Im Mai 1947 wurde der Wiederaufbau der Brücke von der Obersten Baubehörde im Innenministerium genehmigt, Baubeginn war im Sommer 1947. Den Auftrag erhielt die Firma Moll. 

Das Foto des westlichen, nach der Spprengung noch verbliebenen Bogens von 1948 zeigt, wie dringend die Reparatur war. Durch das Fehlen des östlichen Bogens hatte sich der Mittelpfeiler so weit geneigt, dass die Fahrplanplatte einen Riss erhielt. Es drohte der Einsturz des gesamten noch vorhandenen westlichen Bogens.

Am 27.8.1947 berichtete Bürgermeister Dr. Eberl dem Gemeinderat, dass bis zum Herbst des Jahres ein Notsteg fertiggestellt wäre. Im Dezember 1947 wurde der Teil des Notstegs über die Isar durch ein Hochwasser weggerissen. Der Steg über den Kanal war nicht beschädigt. Das Straßen- und Flussbauamt übernahm keine Haftung und wollte auch die Fährverbindung beenden. Daher gründeten die Gemeinden Grünwald und Pullach, die Firmen Linde und Pietzsch und die Baufirma Moll eine Interessengemeinschaft zum Zwecke der Unterhaltung einer Isarfähre” und übernahmen die Kosten für die Instandhaltung und den Betrieb der Fähre. Mit einem Plakat vom 15.1.1948 und dessen Aushang an der Gemeindetafel suchte Grünwald einen Fährmann für die ab sofort wieder zu eröffnende Fähre.

Am 20.6.1948 wurde im Rahmen der Währungsreform die DM eingeführt und die Reichsmark im Verhältnis 10:1 umgerechnet.

Laut Gemeinderatsprotokoll vom 26.8.1948 wurde erneut ein Notsteg errichtet und die Kosten auf die Interessengemeinschaft umgelegt. Von den Gesamtkosten in Höhe von 2.424,27 DM entfielen 484,85 DM auf Grünwald. Für die Benützung wurde eine Gebühr von 10 Pfennig für Erwachsene und 5 Pfennig für Kinder verlangt. Für das Einkassieren dieser Gebühr wurden von Grünwald zwei Personen angestellt und bezahlt.

 

Das Staatsarchiv München und das Gemeindearchiv Pullach verfügen über umfangreiche Fotoalben, mit denen sich der Bauablauf rekonstruieren lässt: 

  • Sommer 1947: Fundamentierungsarbeiten im Flussbett für die Pfeiler, die die Fahrbahn für den Kran und die Lehrgerüste tragen sollten.
  • Frühjahr 1948: Probleme mit der Holzbeschaffung für das Lehrgerüst; als technische Innovation wurde erstmals in Deutschland für eine Brücke dieser Größe auf Vorschlag des Ingenieurs Gustav Sauerteig im Herbst 1948 das Lehrgerüst mit Mannesmann-Stahlrohren konstruiert.
  • November 1948: Betonieren des Bogens
  • Januar 1949: Sprengung der nicht mehr benötigten Lehrgerüstpfeiler
  • April bis Juni 1949: Armierung und Ausschalen der Fahrplanplatte
  • Mai 1949: Durchgängige Fertigstellung des Unterbaus der Fahrbahn. Radler und Fußgänger konnten die Brücke bereits nutzen. Während der Herstellung des Aufbetons der Fahrbahn, der Isolierung und des Schutzbetons wurde die Brücke wieder teilweise gesperrt.
  • Im Juli 1949 drohte die Fertigstellung an Geldmangel zu scheitern. Bürgermeister Kneidl und Gemeinderat/Landrat Dr. Hecker erreichten durch Initiativen bei Militärregierung und Staat am 25.7.1949 die Bewilligung von weiteren 170.000 DM.

Die Abfolge der Provisorien, mit denen die Bevölkerung über die Isar kam, lässt sich wie folgt darstellen:

  • Sommer 1945 bis etwa Ende Juli 1946: Mitbenutzung des Arbeitssteges.
  • August 1946 bis 17.2.1948: Fähre mit Ponton des Straßen- und Flussbauamtes.
  • Herbst 1947 bis Ende November 1947: Notsteg über Isar und Kanal.
  • Januar 1948: Fähre in Regie der Interessengemeinschaft.
  • August 1948: Neuer Isarsteg der Interessengemeinschaft gegen Benutzungsgebühr.
  • Mai 1949 nach Fertigstellung der Fahrplanplatte: Zeitweise Benutzung der Brücke für Fußgänger und Radfahrer.

Am 24. Oktober 1949 konnte die Brücke dem Verkehr übergeben werden.

Kardinal Faulhaber nahm die Weihe vor. Christlies Kneidl, die Tochter des Bürgermeisters, begrüßte ihn mit einem Gedicht und die Klassen der Grünwalder Volksschule, darunter der Verfasser, standen Spalier.

Von 1949 bis 1950 gab es heftigen Schriftwechsel des Straßen- und Flussbauamtes mit den Gemeinden Grünwald und Pullach wegen der Beleuchtung der Isarbrücke, für die niemand zuständig sein wollte, obwohl die Isarwerke den Strom kostenlos lieferten. Der Minimalkonsens, den die Streithanseln finden konnten, bestand dann in einer Brennstelle in der Mitte der Brücke. „Man könne ja eine größere Lampe einschrauben”, sagte ein Gemeinderat. Grünwald und Pullach teilten sich die Kosten für diese „Beleuchtung”.

Georg Köglmeier, März 2020
Quellen: Staatsarchv München, Gemeinearchive Grünwald und Pullach

 Nachtrag, Quelle Wikipedia „Grünwalder Isarbrücke”:

Auch nach dem Wiederaufbau des zerstörten Teils litt das Bauwerk unter Bewegungen des Untergrundes und der dadurch verursachten Deformation der Bögen. Witterungsbedingte und durch Streusalz verursachte Schäden kamen hinzu, so dass man sich entschloss, das seit 1983 denkmalgeschützte Bauwerk durch einen Neubau zu ersetzen.

1995 wurde ein Wettbewerb europaweit ausgeschriebenen. Verlangt wurde, die Gestaltungselemente der alten Brücke grundsätzlich beizubehalten, dabei aber moderne Bautechnik zu demonstrieren. Es gewann der Entwurf des Ingenieurbüros Grassl und der Architekten Schultz–Brauns & Partner. Gebaut wurde die neue Brücke zwischen 1998 und 2001 von einer Arbeitsgemeinschaft aus Bilfinger Berger und Voest Alpine MCE.

In Anlehnung an die alte Brücke hat auch die neue Brücke zwei über jeweils 70 m gespannte Bögen, die aber mit einem Stich von nur 5,16 m wesentlich flacher sind als die der alten Brücke. Anstelle der Vorlandbrücken werden die beiden Bögen durch zwei halbe Bögen ergänzt und mit den Hängen des Tales verbunden.

Im Gegensatz zur alten Brücke ist die jetzige Brücke eine Stahlkonstruktion mit einer Betonfahrbahnplatte. Auf drei massiven Betonpfeilern lagert die über die vier Brückenfelder durchlaufende Stahlkonstruktion. Auf jeweils drei parallelen Bögen dienen schmale Stahlstäbe als Aufständerung der Fahrbahnträger, die mit der auf ihnen liegenden Betonfahrbahnplatte einen statischen Verbund bilden. Die drei Bogenprofile verschmelzen im Scheitel mit dem Profil der Fahrbahnträger. Die 12,50 m breite Fahrbahntafel ragt auf beiden Seiten um 2,40 m über die Fahrbahnträger aus. Die Stahlkonstruktion ist am Mittelpfeiler durch eine Festhaltekonstruktion festgelegt, während sie auf den äußeren Pfeilern beweglich gelagert ist. In statischer Sicht wird die Konstruktion als Kombination aus einem aufgeständerten Bogentragwerk und einem Sprengwerk mit einer ausgeprägten Rahmenwirkung bezeichnet.

Die insbesondere auf der Pullacher Seite kontinuierlich stattfindenden Hangrutschungen wurden berücksichtigt, indem die Widerlager als mehrere Meter große, zur Brücke hin offene Betonkästen ausgebildet und auf Bohrpfählen gegründet wurden. Dadurch sind sie in der Rutschmasse oberhalb der Gleitebene fixiert und bewegen sich horizontal mit der Rutschmasse unter dem Gleitlager der Brücke. Die Gleitplatten in den Widerlagern sind voraussichtlich ausreichend lang, um die Bewegungen von 140 Jahren aufzunehmen. Die Fahrbahnübergänge zwischen der Straße und der Brückenfahrbahn wurden für die Längenänderungen der nächsten 35 Jahre bemessen, danach ist ein kleinerer Umbau erforderlich, um weitere Hangrutschungen aufnehmen zu können. Der westliche Pfeiler steht verschiebbar in einem verschlossenen Schacht, der sich ebenfalls mit der Rutschmasse verschieben kann.

Die neue Brücke wurde zunächst oberhalb der alten Brücke auf provisorischen Stützen gebaut und im September 1999 für den Verkehr freigegeben. Nach dem Abbruch der alten Brücke und dem Bau der neuen Pfeiler und Widerlager wurde die Brücke im April 2001 in die Position der alten Brücke quer verschoben.