Die Ursprünge des Marx-Hofs an der „Ayrwiß‟ lassen sich aufgrund einer bedauerlicherweise lückenhaften Quellenlage nur bis 1725 verlässlich zurückverfolgen. Der Hof ist aber mit ziemlicher Sicherheit mehr als 300 Jahre alt. Bemerkenswert ist die Formulierung in den historischen Quellen des 18. Jahrhunderts, die den Hof als ein „zweygädig gemaurt eigenthümlich Häusl“ bezeichnen. D.h. der Hof bestand im Gegensatz zu der sonstigen ländlichen Holzbauweise bereits vollständig aus Mauerwerk und hatte zwei Stockwerke. Gemauerte Gebäude dienten zur damaligen Zeit i.d.R. amtlichen Zwecken. Des Weiteren bedeutet „eigenthümlich“ nicht – wie im heutigen Sprachgebrauch – seltsam, sondern besagt, dass die Bewirtschafter den Besitz zu freiem Eigentum hatten und von vielen Steuern und Abgaben befreit waren. Die beiden Aspekte machen eine besondere Bedeutung des Marx-Anwesens bereits im frühen 18. Jahrhundert deutlich. So ist ein Bezug zu den herzoglichen Bauten in Grünwald, und zwar zu dem 1574/75 errichteten Tiergarten und dem 1616 durch Herzog Albrecht VI. geschaffenen Mauerschlössl (heute Bestandteil der Parkresidenz Hermine Held auf der Eierwiese) denkbar. Es gibt einen interessanten Hinweis auf einen Besitzübergang im Jahr 1697.  Am 11. Juni dieses Jahres verkauften ein Georg Fenn, Feldhaite in Grünwald, und seine Frau Maria die freie und ludeigene (ludeigen bezeichnet „freies Grundeigentum“) Behausung auf der Ayrwiß samt Garten, Vorhöfl und Brunnenrecht um 310 Gulden an Herrn Johann Adam Feneberg, Hofkammerrat und Hofkastenamtsgegenschreiber in München. Zuvor hatte Georg Fenn dieses Anwesen am 10. November 1694 von einer Frau Maria Maximiliana Henckl erworben, deren Mann als kurfürstlicher Hatschier (Mitglied eines Leibgarderegiments) in den Kriegen um 1700 im Einsatz war und über dessen Verbleib sie nichts mehr gehört hatte. Es ist durchaus möglich, dass es sich bei diesem Verkauf um das Marx-Anwesen handelt, das ebenfalls frei und ludeigen an der Ayrwiß gelegen war, und dass Feneberg ein naher Verwandter des ersten nachweislichen Besitzers des Marx-Anwesens war.

Dieser erste, nachweislich dokumentierte Besitzer, Franz Xaver Feneberger, war kurfürstlicher Kammerdiener unter dem Kurfürsten Maximilian II. Emanuel. Die Tatsache, dass das Anwesen im Besitz eines kurfürstlichen Beamten war, lässt die Vermutung zu, dass es ein herrschaftliches Gebäude und besonderer Verwendung vorbehalten war. Das Wohnhaus in seiner heutigen Form mit seiner noch lange sichtbaren Ornamentik im Mauerwerk, einer noch erhaltenen, dekorativen Stuckdecke und seiner besonderen farblichen Gestaltung dokumentiert ebenfalls die hochwertige Bauart. Im Oktober 1725 übergab das Ehepaar Feneberger das Anwesen an Johann Georg Holzapfel, Gartner in Grünwald. Damit gelangte der Besitz vermutlich zum ersten Mal in die Hände von nicht-amtlichen Gewerbetreibenden bzw. Bauern. Der Name Marx (eine Kurzform von Markus) geht auf einen Markus Wöstner zurück, der im Juni 1769 – nach diversen Besitzerwechseln – das Haus von seiner Stiefmutter Maria übernahm und bis 1806 behielt. Er verkaufte um 390 Gulden an die Taglöhnerfamilie Sanktjohannser, die den Hof über drei Generationen führte. Seit 1851 ist der Marx-Hof im Besitz der Familie Seidl.

Joseph Seidl, Zimmermann aus Straßlach, erwarb das Anwesen – damals mit der Hausnummer 41 in Grünwald – am 17.1.1851 um 1200 Gulden. Damals gehörte nur wenig Grundbesitz (4,14 Tagwerk) zu dem Haus. Bis 1890 erweiterten Joseph und nach seinem Tod sein Sohn Paul den Besitz auf 18,17 Tagwerk. 1905 wurden es 37 Tagwerk und 1929 waren im Ehe-Erbvertrag zwischen dem Hoferben Josef und seiner Frau Maria Seidl 10,3 Hektar gelistet, obwohl Paul Seidl Grundstücke an die Gemeinde zum Bau der Straßenbahn und für den Bau von Gemeindestraßen abtreten musste. Die gesamte Kriegs- und Nachkriegszeit wurde der Hof erfolgreich bewirtschaftet. Am 11. Juli 1966 erhielten der zweite Sohn Paul Seidl und seine Frau Anna Maria den Hof. Paul Seidl starb bereits 1984, seine Frau Anna Maria lebt bis heute auf dem wunderschön gepflegten Anwesen.

  Quelle: „Familien- und Hofgeschichte der Familie Seidl in Grünwald“ von Andreas Sauer und Hans Seidl